Unsere Antworten könnten auch für Euch interessant sein :-) Daher hier ein Auszug aus dem Brief.
..."fühle mich reich beschenkt durch Menschen wie Sie, die
hinter unserem Projekt stehen und Haitianern ganz konkret und sehr
großzügig helfen möchten. Insbesondere
möchte ich Ihnen danken, dass Sie sich mit Habitat-HT auseinandersetzen
und etwas tiefer blicken möchten.
Nun möchte ich weiter ausholen, um Sie in die Statuten, das
Konzept, sowie die alltäglichen Herausforderungen vor Ort etwas mit hinein
nehmen zu können, um ein umfassenderes Verständnis zu ermöglichen.
Gerne schicken wir Ihnen die Projektbeschreibung zu. Die
Form der Genehmigung der Anträge wurde im Februar dieses Jahres vereinfacht, so
dass das Formular überarbeitet wurde.
Die Auswahlkriterien sind die Gleichen wie zu Projektbeginn 2010, nur dass in
den ersten Jahren ausschließlich Erdbebenopfer begünstigt wurden.
Innerhalb der 8 Jahre in denen wir das Projekt voranbringen,
durften wir viele schöne Erfahrungen sammeln, zugleich auch andere, an denen
wir hinzulernen möchten. Ein Spendenhaus verlangt eine beträchtliche Summe. Manche
Familie ist zwar in gewissem Sinne bedürftig, lügt jedoch um zu solch einem
Haus zu kommen. In einem korrupten Staat wie Haiti wird dies gesellschaftlich
nicht als unmoralisch, sondern als besonders klug bewertet. Die
Familienzugehörigkeit könnte in Deutschland einfach anhand von Geburtsurkunden
und Abstammungsregistern überprüft werden. In Haiti existiert hier kein
staatliches verlässliches Archiv. Viele haben keine Urkunden, andere haben 5
verschiedene. In einem Fall wurde uns Jahre nach Hausübergabe klar, dass wir
betrogen wurden und man Kinder von Nachbarn ausgeliehen hatte, um uns eine kinderreiche
Familie vorzutäuschen, während die Frau in Wahrheit die Schwester war. In einem
anderen Fall bauten wir ohne spezielle Nachprüfung der Grundstückspapiere.
Mitten im Mauern kam die Polizei mit Schlagstöcken auf die Baustelle. Alle
Arbeiter rannten davon, außer einer unserer Treuen Verantwortlichen – der wurde
dann von den Polizisten in die Zelle gesteckt und wir mussten ihn gegen
Lösegeld freikaufen. Wir hätten alle unsere Baumaterialien und Werkzeuge in
diesem Moment verlieren können, hätte nicht ein anderer Mitarbeiter aus
sicherer Entfernung gewacht und wäre er nicht nach Abfahrt der Polizei sofort
zurückgekehrt und hätte Dieufort angerufen. Nun fragen Sie sich sicherlich
„Wieso all dieser Aufruhr?“ Das Grundstück wurde mehrfach verkauft, wobei jeder
Käufer notarielle Papiere nachweisen kann. So zahlte ein Käufer die Polizei, um
ihm tatkräftig Recht zu verschaffen und unsere Klientin daran zu hindern ihr
(ihrer Meinung nach rechtmäßig erworbenes)
Grundstück zu bebauen. Man würde meinen, dass die Baustelle pausierte,
bis der Rechtsstreit gelöst sei und dann fertig gestellt werden könne. Ohne
zuverlässige Grundstücksbücher und Rechtssysteme steht diese angefangene
Baustelle bis heute noch so wie wir sie verließen. Für Habitat-HT war dies eine
große Lehre, denn wir haben Spendengelder und beinahe unser gesamtes Werkzeug
verloren, sowie unser Team in Gefahr gebracht. Nun sind wir vorsichtiger, prüfen
mehrfach die Grundstückspapiere, fragen in der Nachbarschaft nach und holen
über einen längeren Zeitraum Informationen ein.
Bedürftige Familien gibt es wie Sand am Meer, daher kann ich
gut verstehen, dass sich Europäer fragen, was denn so schwierig daran sein mag
Familien auszuwählen und ihnen zu einem Haus zu verhelfen, wenn sich denn ein
Spender gefunden hat. Laut unseren Statuten finanzieren wir kein Grundstück:
die Familie muss bereits eines besitzen, wodurch sich der Kreis der möglichen
Begünstigten stark begrenzt.
Es kann ebenso vorkommen, dass Spenden für ein Haus zur
Verfügung stehen, der Bauantrag vom Vorstand bereits genehmigt ist, doch unser
Bauteam noch mit anderen konventionellen Baustellen beschäftigt sind und es so zu Verzögerung
kommt. Habitat-HT kann unseren Projektleitern kein regelmäßiges angemessenes monatliches
Gehalt zahlen, weswegen sie sich überwiegend durch andere Projekte finanzieren.
Dies war von Beginn an so vorgesehen, dass kommerzielle Projekte die sozialen
Projekte finanziell stützen und damit auch die Haitianer einen Beitrag leisten
und die Spender entlasten. Dies hält unsere Verwaltungs- und Gehaltskosten so
gering und ermöglicht es die Häuser in diesem Preisrahmen anzubieten.
Ein letzter Punkt möchte ich Ihnen noch nennen, der unseren
Fuhrpark betrifft. Viele bedürftige Familien wohnen hoch am Berg oder in fast
unzugänglichen Geländen, da sie sich kein gut gelegenes Grundstück leisten
können. Die Häuser und Latrinen sind so berechnet, dass Benzingeld, Fahrer und
eine normale Inspektion durch den Projektpreis abgedeckt sind. Reparaturen,
hoher Verschleiß der Reifen etc. sind nicht inbegriffen. Diese Kosten wurden
meist privat von uns als europäische Projektleiter finanziert. Inzwischen
versuchen wir gewisse Grundstücke zu vermeiden, da unser kleiner LKW und der
PickUp ins hohe Alter kommen und wir nach mancher Baustelle hohe Kosten hatten
und eine Neuanschaffung von Fahrzeugen aktuell nicht möglich wäre.
Für den aktuellen Bauantrag für Familie Racine haben wir vereinbart, dass wir Sand, Zement, Wasser etc. von
anderen Zulieferern anfahren lassen, um unseren geschwächten Fuhrpark zu
schützen, da auch diese Familie hoch oben am berg wohnt und es keine geteerte Zufahrtsstraße gibt."
...
Sind auch bei Euch Fragen aufgetaucht? Wir freuen uns über eine Mail, oder ein Briefchen :-) und gehen gerne auf Eure Fragen oder Anregungen ein.
Es tut gut, wenn sich Menschen nicht nur für die Erfolgsgeschichten interessieren, sondern auch bereit sind
einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, wo es oft etwas mühsam zugeht. Doch
es hat uns niemand versprochen, dass es leicht werden wird – und ganz
sicherlich ist es kein Grund das Handtuch zu schmeißen.
Herzlichen Dank für
alle Anteilnahme und alle Spenden. Es bleibt spannend.