Aktuell ist Haiti bereits
wieder aus den meisten Schlagzeilen verschwunden. Viele Menschen sind in den
letzten Wochen aufmerksam geworden und stellen so manche interessante Frage. Es
freut uns, dass sich Menschen für Haiti allgemein und unsere Arbeit in diesem
Land interessieren! – nur der Anlass, der bleibt unerfreulich.
Viele Fragen kann man
nicht mit einem knackigen Satz beantworten. Um tiefer zu verstehen braucht es
Zeit, sich intensiver mit gewissen Dingen auseinanderzusetzen.
Das Erdbeben 2010 war
eine schreckliche Katastrophe, der Hurrikan Matthew wieder eine Weitere. Naturkatastrophen richten in
allen Ländern Schaden an und die Anteilnahme der Weltgemeinschaft berührt mich, der
Beistand und die gegenseitige Hilfe in solchen Notsituationen.
Was wäre, wenn dieser Hurrikan durch Deutschland
wehen würde? Wäre das Ausmaß ebenso groß?
Ja, es gäbe sicherlich
schlimme Schäden, Opfer - während ich es
schreibe wird mir der Vergleich zuwider. Man wünscht niemandem etwas so
Schreckliches! Doch bleiben wir auf der Ebene theoretischer Überlegungen:
Ausgeklügelte Abwassersysteme, solide
Häuser, Stromnetze die unterirdisch verlaufen, Frühwarnsysteme,
Evakuierungspläne, ausgebildete Nothelfer und Sanitäter. Für Aufräumarbeiten
einsatzbereite Baufahrzeuge, Suchhunde, Polizei, Militär, Feuerwehr, gut
ausgestattete Krankenhäuser, Straßennetze, die Bedürftige in sicherere Teile
des Landes bringen können,… Verwaltungsstrukturen, die Nothilfegelder zuverlässig
verwalten, Nothilfe koordinieren etc. - all das kenne ich von Kindheit an und es hat mir stets das Gefühl von Sicherheit gegeben.
All das existiert in
Haiti in diesem Sinne nicht.
Der Hurrikan Matthew
hätte wohl in jedem Fall eine gewisse Zerstörung bewirkt, doch inwiefern wäre
das Ausmaß vermeidbar gewesen, wenn Haiti wahre Entwicklungschancen bekäme den
Lebensstandard zu erhöhen?
Nach einer Katastrophe
werden nun wieder fleißig Notunterkünfte gebaut. Alles Baracken, die bei dem
nächsten Wind wieder davonfliegen. Übergangslösungen werden in Haiti zum
Alltag, da man sich die langfristige Lösung auch nach Jahren noch nicht leisten
kann. Der Anblick von Zelten, Wellblech, Holzhüttchen – er wurde zum
akzeptierten Landschaftsbild. Doch ist das wahrlich Haitis Charakter?
Die Ärmsten trifft es immer
am Härtesten.
Nothilfe ist nötig und
willkommen! Bitte versteht mich nicht falsch. Wir nehmen uns die persönliche
Freiheit uns nicht in die Rolle der Nothelfer einzureihen.
Auch damals kamen wir
nicht als Nothelfer. Es schockierte uns zu sehen, dass noch 3 Jahre nach dem
Erdbeben Übergangsbauten konstruiert wurden. Davon hat sich Habitat-ht von Beginn
an distanziert. Man könnte mehr Familien helfen, wenn die Häuser günstiger
wären. Doch mehr Familien würden erneut Opfer werden und ihr Haus verlieren,
wenn wir gewisse Standards reduzieren würden. Alle unsere Spendenhäuser stehen
auch noch nach dem Hurrikan.
Wir, die jedoch
langfristig vor Ort leben und auf unsere geschulten Mitarbeiter zurückgreifen können, uns eröffnen
sich Möglichkeiten, die kurzfristige Helfer nicht haben. Dadurch können wir
unterschiedliche Rollen ausfüllen. Und das ist gut so.
Wir werden nichts versprechen, was wir nicht
halten können!
Akute Hilfe im Süden ist uns bisher ohne
einsatzfähiges Auto nicht möglich gewesen. Aber wir werden -wie all die Jahre
zuvor- obdachlosen Familien Häuser bauen, die sicher sind und zukünftigen
Katastrophen trotzen. Sobald wir ein Auto zur Verfügung haben, werden wir in
den Süden fahren, um dort Möglichkeiten zu evaluieren, wie wir helfen können. Auch
in anderen Gebieten brauchen Menschen Hilfe in diesem Land, so wird unser Fokus
immer weit bleiben. Weiterhin schulen wir Haitianer und fördern Entwicklung im
Bausektor. Prävention ist immer der beste Schutz, deswegen wollen wir Standards
etablieren, Arbeitsplätze für haitianische Bürger schaffen und Kenntnis über
solide Baukonstruktionen vermitteln.
Ihr seht, wir bleiben uns treu.
Die Vision von
habitat-ht richtet sein Fähnchen nicht nach dem Wind, woher gerade die meisten
Spenden kommen. Jeder möge dorthin geben, wo er sich am meisten mit der Vision
identifizieren kann. Gott liebt fröhliche Geber :-).
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