Donnerstag, 24. April 2014

Drei Brüder auf der Flucht


Das haitianische Jugendamt IBESR klopfte am Mittwoch den 23.April 2014 an unser Tor. Drei Jungs in ihrer Obhut: Godlère (16), Pidens (13) und Watson (11). Die Mutter habe den drei Brüdern Geld gegeben, einen kleinen Rucksack gepackt und sie losgeschickt zu flüchten. Der Vater raucht Kokain. Die Köper der drei Jungs sind übersät von Narben; Hände, Arme, Beine, Rücken bis zum Kopf. Spuren der Büffelpeitsche, des Weidenstockes und anderen Schlaginstrumenten. Doch der jüngeren Schwester (7) ergehe es am Schlimmsten sagen sie. Die Zweijährige würde noch nicht geschlagen werden. Alle drei sorgen sich um ihre Mutter und möchten ihr gerne mitteilen, dass sie gut untergekommen sind. Die Mutter (36) wird ebenso malträtiert, sie könne die Kids nicht beschützen. Auf der Suche nach einer Bleibe als Restavek ging Watson auf einen Polizisten zu und teilte sich mit all seinen Nöten mit. So wurden sie zum IBESR Gonaives gebracht und daraufhin in unser Kinderdorf der Lebensmission. 

Pidens meint, die Polizei würde den Vater eh nicht finden, er habe sich schon öfters erfolgreich vor der Polizei versteckt. Die Jungs setzen nicht viel Hoffnung auf ein Eingreifen. Ein neues Zu Hause mit der Mutter gemeinsam in Gonaives, das könnten sie sich gut vorstellen. Nun spielen wir erstmal Fußball, essen lecker gemeinsam und richten die Betten. Morgen wird IBESR über das folgende Verfahren entscheiden. 

Mein Herz ist schwer. Wie viele Kinder erleiden unsagbare Qualen? Wie viele Nachbarn sehen tagtäglich zu? Wie viele Familienangehörige hören ihr Weinen, sehen ihre Wunden – ohne zu handeln? Wie viele Väter verstecken sich wenige Wochen, um dann wieder als Familienschrecken zurückzukehren? 

Heute kann ich den kleinen Watson im Arm halten. Er ist so anschmiegsam, kuschelt seinen kleinen – zu kleinen –Körper an mich, lehnt seinen Kopf an meine Schulter. Vielleicht vermag ich eine kleine Wunde zu heilen. Eine von unzählbaren.

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