Das haitianische Jugendamt IBESR klopfte am Mittwoch den
23.April 2014 an unser Tor. Drei Jungs in ihrer Obhut: Godlère (16), Pidens (13)
und Watson (11). Die Mutter habe den drei Brüdern Geld gegeben, einen kleinen
Rucksack gepackt und sie losgeschickt zu flüchten. Der Vater raucht Kokain. Die
Köper der drei Jungs sind übersät von Narben; Hände, Arme, Beine, Rücken bis
zum Kopf. Spuren der Büffelpeitsche, des Weidenstockes und anderen
Schlaginstrumenten. Doch der jüngeren Schwester (7) ergehe es am Schlimmsten
sagen sie. Die Zweijährige würde noch nicht geschlagen werden. Alle drei sorgen
sich um ihre Mutter und möchten ihr gerne mitteilen, dass sie gut untergekommen
sind. Die Mutter (36) wird ebenso malträtiert, sie könne die Kids nicht
beschützen. Auf der Suche nach einer Bleibe als Restavek ging Watson auf einen
Polizisten zu und teilte sich mit all seinen Nöten mit. So wurden sie zum IBESR
Gonaives gebracht und daraufhin in unser Kinderdorf der Lebensmission.
Pidens meint, die Polizei würde den Vater eh nicht finden,
er habe sich schon öfters erfolgreich vor der Polizei versteckt. Die Jungs
setzen nicht viel Hoffnung auf ein Eingreifen. Ein neues Zu Hause mit der
Mutter gemeinsam in Gonaives, das könnten sie sich gut vorstellen. Nun spielen
wir erstmal Fußball, essen lecker gemeinsam und richten die Betten. Morgen wird
IBESR über das folgende Verfahren entscheiden.
Mein Herz ist schwer. Wie viele Kinder erleiden unsagbare
Qualen? Wie viele Nachbarn sehen tagtäglich zu? Wie viele Familienangehörige
hören ihr Weinen, sehen ihre Wunden – ohne zu handeln? Wie viele Väter
verstecken sich wenige Wochen, um dann wieder als Familienschrecken
zurückzukehren?
Heute kann ich den kleinen Watson im Arm halten. Er ist so
anschmiegsam, kuschelt seinen kleinen – zu kleinen –Körper an mich, lehnt
seinen Kopf an meine Schulter. Vielleicht vermag ich eine kleine Wunde zu
heilen. Eine von unzählbaren.
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