Fünf Wochen
waren wir nun als Familie Wittmer auf Deutschlandbesuch. Es ist eine andere
Welt, es ist gefühlte Heimat und zugleich bleibt unser „lakay“ (Zu Hause) in Haiti. Es ist wie wenn sich
mein Herz einfach nur vergrößert hätte, um mich um eine weitere Heimat zu bereichern.
Zwei
Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Ich will versuchen sie
nicht wirklich zu vergleichen, will aufhören sie zu messen, zu bewerten. Ein
schwer realisierbarer Vorsatz, ich weiß.
Überall
findet man Vielerlei Skurriles, doch deutsche Skurrilitäten sind mir vertraut.
Haiti fordert mich jedoch heraus meine Kultur, Traditionen, mir
selbstverständliche Lebenswelten zu hinterfragen und neu zu betrachten. Als
Sozialpädagogin und individualpsychologische Beraterin (ICL) bin ich seit
vielen Jahren darin geübt, mein individuelles Gewordensein zu reflektieren.
Doch unser Umzug nach Haiti hebt diese Reflektion nun auf eine höhere Ebene und
mir ist eine wissenschaftliche Studie im Ohr, die besagt, dass kulturelle
Prägung das unverrückbarste Fundament eines Menschen sei.
Ist es
möglich zwei Kulturen in eine gleichwertige Kooperation zu bringen, so dass
sich Stärken vereinen, Schwächen ausgleichen und gewisse Stolpersteine
verkleinern? Sicherlich ist dies zu glatt gedacht, denn Leben verläuft nun mal
immer Stückweise. Doch wenn ich es schaffe mich stückweise in meinem
persönlichen Leben zu bereichern, auszugleichen und manche spitze Stolpersteine
in handschmeichelnde Kiesel zu verwandeln, dann fühlt sich das für mich nach
erfüllten Leben an.
Dies mögen
allein meine individuellen Gedanken sein, die meine Seele bewegen. Meine
eigenen Kinder, mein Mann und viele Andere haben sicherlich sehr Interessantes
zu diesem Thema zu sagen.
Eines haben
wir Gemeinsam:
unser Herz vergrößert sich, während wir zwischen den Welten
wandeln.
Von Herzen
bin ich dankbar für all die Menschen, die uns ein Stück Heimat sind, die uns
mittragen, mitfühlen, (uns mit leckeren pfälzischen Köstlichkeiten gemästet
haben) und uns loslassen, um uns eines Tages wieder in die Arme zu schließen.
Häufig
blicke ich in den wunderschönen haitianisch klaren Sternenhimmel während mir
der Nachtwind um die Nase weht und ich erinnere mich an einen Kinderspruch:
„Freunde sind wie Sterne. Auch wenn Du sie nicht jederzeit siehst, Du weißt,
sie sind immer da.“ Für mich beginnt hier ein zaghaftes Gefühl für den weiten
Raum um uns; für ein wachsendes Herz, das begreift, dass auch wir nur gewinnen
können, wenn wir Segel setzen, unseren Hafen verlassen und mit Gott aufs große
weite Meer hinaus segeln.
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