Die Reiseversicherungsagentur Dr.Walter wählte habitat-ht zum Projekt des Monats für den Dezember 2018.
Guckt mal rein:
Www.reiseversicherung.com/nuetzliche_informationen/projekt_des_monats.html
Hier finden Sie künftig Neuigkeiten der Familie Wittmer die sich im Oktober 2011 auf den Weg nach Haiti gemacht hat um sich dort für Land und Menschen zu engagieren und das Projekt HABITAT-HT zu betreuen. Mehr dazu finden Sie unter www.habitat-ht.org
Samstag, 23. Dezember 2017
Mittwoch, 13. Dezember 2017
Weihnachtsbrief Habitat-HT
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Du möchtest Flyer zum Weiterreichen?
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--> Eine kurze Email genügt: martina.wittmer@gmx.de
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Donnerstag, 7. Dezember 2017
Gedanken im Wind oben auf dem Berg
-Auszug aus dem Journal der Lebensmission-
Mein Blick schweift über den kahlen Bergkamm. Blechhütten,
abgeschwemmte Böden, zwischendrin immer wieder ein paar Lumpen an Stöckchen
zusammengebunden als „Toilette“, Wasser wird 500m den Berg hinaufgetragen:
Kinder allen Alters transportieren Behältnisse aller Größen auf ihren Köpfen.
Sie bleiben stehen und beobachten mich als Weiße. Auch noch nach 7 Jahren eine
Situation die ein komisches Gefühl hervorruft.
Was wohl in ihren Köpfen vorgeht? Ob sie sich mein weiches
Bett vorstellen können mit dem gefliesten Schlafzimmerboden und dem
angrenzenden Badezimmer? Wahrscheinlich genauso wenig wie ich es mir vorstellen
kann wie sich beim Regen alle Familienmitglieder auf dem einzigen Bett sammeln,
unter ihnen der nasse Schlammboden und das laute Tönen des Wellblechs das von
den Regentropfen geschlagen wird. Wind pfeift- man frägt sich ob die paar
Latten ihm standhalten. Was, wenn nun einer ein dringendes Bedürfnis verspürt? Aktuell
ist mir die stechende Sonne präsenter, die über den Wellblechdächern flimmert,
nirgends ein Bäumchen das Schatten spendet. Der Wind treibt mir Sandstaub ins
Gesicht und wirbelt durch die Haare.
„Weltverbesserer“, „Gutmensch“, „Idealisten“ sind immer
wieder Schimpfwörter, die auch aus unerwarteten Reihen ausgesprochen werden.
Mein schäbiges Haiti-Heim ist kein Vergleich zu meinem deutschen Zu Hause,
Freunde sprachen es direkt aus: „Maggie, so wollte ich nicht leben.“ Und genau
dieser Satz durchdringt meine Gedanken während mein Blick über den Berg schweift:
„Um nichts in der Welt möchte ich so wohnen und leben müssen.“ Geht es uns
nicht allen so? Wer hat die Wahl und wer hat keine?
Nach unserem Deutschlandsommer fühle ich mich erneut
zerrissen. Lohnt sich dies alles? Wieso um alles in der Welt tue ich, was ich
tue? Werden wir es bereuen? Hat es Sinn, bewirkt es etwas?
Kosten-Gewinn-Abwägung im Kopf. … Diese Gedanken dürften wir alle kennen und
ich glaube es ist wichtig ihnen immer wieder Raum zu geben. Neu zu
hinterfragen, zu prüfen was uns motiviert, aber auch was es uns und die
Menschen um uns kostet.
Im Flughafen standen zwei Schlangen durch die gesamte Flughalle.
Ausschließlich junge Leute von denen die Mehrheit gebildet wirkt. Zweimal
täglich fliegt ein Flugzeug nach Chile. Wöchentlich erfahren wir: X und Y sind
nicht mehr da, sie sind nach Chile ausgewandert… Ich gönne es ihnen. Man kann
es niemandem verübeln sein Glück und ein sicheres Leben zu suchen. Ich habe
meinen Pass und kann jederzeit fast überall auf dieser Welt hinfliegen. Wieso
sollte dies nicht auch Anderen möglich sein? Zugleich versetzt es mir einen Stich:
all diese jungen Menschen, die ihr Land verändern könnten. Was, wenn nur noch
die unterste Schicht zurückbleibt? Als Person, die ihr eigenes Land verlassen
hat, um Haiti in seiner Entwicklung zu unterstützen fühle ich mich irgendwie
verraten. Es begann mit Brasilien, seit zwei Jahren ist es Chile, danach wird
es ein anderes Land sein.
Globale Flüchtlingsscharen. Wirtschaftliche Zusammenhänge,
an denen wir nicht von heute auf morgen etwas ändern können. Krieg und
religiöse Verfolgung.
Beginnt es nicht hier auf diesem Berg? Ein 13jähriger Junge
tritt aus der Hütte, Jonathan ist sein Name, geschmückt von wunderschönen
gebogenen Augenwimpern. Wird auch er eines Tages ins Flugzeug steigen und das
Weite suchen? Oder wird er den Mut haben auszuhalten, anzupacken, den
Idealismus mitbringen etwas zu bewirken auch wenn man die vielen Rückschläge
nicht leugnen kann?
Das Europa, das wir vor 7 Jahren verlassen haben existiert
nicht mehr. Ich selbst bin ja auch nicht mehr die Gleiche. Aber Haiti, wie wir
es vorgefunden haben ist auch nicht mehr das Selbe. Und das Schöne daran: jedes
einzelne Haus, jede einzelne Latrine, jeder ausbezahlte Lohn, jede technische
Fortbildung und jede leckere Mahlzeit hat etwas zum Positiven verändert. Neben
mir lacht Franz ungezügelt mit einem für ihn so typischen Schenkelklopfer, er
schäkert mit zwei Männern. „Wenn ich nicht so viel lachen würde, würde ich
weinen, “ vertraute er mir mal vor Jahren an als ich ihn allzu verständnislos
ansah.
Nun, genug an Philosophie. Die Kids mit den Wasserbehältern
sind weitergezogen. Ich streiche mir die herausgewehte Haarsträhne zurück in
den Zopf. Wir sind hier, um die Eigentumsverhältnisse eines Grundstücks zu
klären.
Sonntag, 3. Dezember 2017
Einweihungsfeier und Ehrung des Ingenieurs Dieufort Wittmer
Es war eine schöne Einweihungsfeier in Pont Sondé von Lemuel Swiss. Der Sportplatz wird nun für die Kinder-und Jugendlichen des Viertels geöffnet. In den Räumen werden Nachhilfeunterricht und Seminare für Erwachsene stattfinden. Schön ist es geworden. Zufriedene Auftraggeber erfreuen stets unser Herz. Danke für Euer Vertrauen. Und ein dickes Dankeschön an unseren Maurerboss mit seinem Team, die mehrere Wochen mal wieder außer Haus verbracht haben, um dieses Projekt umzusetzen.
Freitag, 24. November 2017
Dienstag, 14. November 2017
Port Salut - ein Jahr nach Hurrikan Matthieu
Mit meinem lieben Mann besuchten wir Freunde in Port Salut im Süden Haitis. Emory und Mari Wilson leben seit Januar diesen Jahres dort, um der ländlichen Bevölkerung beim Wiederaufbau der Häuser und Felder zu helfen.
Die Straßen sind relativ gut, neue Eisenbrücken wurden gebaut. 8 Stunden Fahrt - fast so lange wie ein Flug nach Paris, aber bessere Gespräche ohne lauschende Kinderohren :-). Der Süden ist schön grün - es tut meiner Seele gut aus unserem staubigen Goniaves zu entfliehen. Regen, Regen und nochals Regen begleitete uns. Lange Jeans, bunter Sommerschal und dünnes Langarm durften endlich mal wieder zum Einsatz kommen.
Emory nahm uns mit durch Flüsse hindurch, hoch hinauf auf matschigen Wegen den Berg empor. Auf ein Neues wieder mal erstaunlich zu erleben, was ein Auto alles leisten kann.
Erschreckend immer noch so viele Palmen auf den Äckern liegen zu sehen. Wohl die Hälfte der Bauernhäuser sind ein Jahr nach dem Hurrikan immer noch nicht neu gedeckt.
Eine Kinderklinik und mehrere Schulen funktionieren sehr gut und wurden wohl rasch nach der Kathastrophe restauriert. An den Klippen sieht man Häuser, die halb den Felsen hinunterbrechen - es wohnen bis heute Familien darin. Tiere grasen im Regen. Ich wundere mich, denn in Gonaives dürfen die Ziegen vor dem Haus Unterschlupf suchen, doch bei den strohgedeckten Lehmhütten gibt es keine Galerie, also auch keinen zusätzlichen Unterschlupf für Tiere wie Ziegen, Schafe oder Kühe.
Überwältigt von der wunderschönen Natur. Wasserfall mitten in der Landschaft. Ein fröhlich sprudelnder Fluss, eingebettet in einen Berghang. Karibisch schönes Meer mit Sandstrand. Romantische Fischerboote. Am anderen Strand liegen noch Palmen am Boden.
Abends treffen wir uns mit dem leitenden Arzt der Klinik. Sehr sympathisch. Er sei in einem Dorf vor Port Salut großgeworden, habe in der Hauptstadt Port-au-Prince studiert und dann in Kuba seinen medizinischen Abschluss gemacht. Er kam zurück, um in seiner Heimat zu wirken. So viele haben keinen Zugang zu guter medizinischer Versorgung. Seine Frau ist in Miami, wo sie ihr zweites Kind im Januar entbinden wird. Er spricht fließend Englisch, Französisch, Portugiesisch und Spanisch. Er hat die Wahl und manchmal sei er entmutigt und sehne sich nach anderen Wohnorten. Doch bis zum heutigen Tag sei sein Platz hier in Port Salut, sagt er lächelnd.
Marie ist Diabetikerin und hat zudem mit Bluthochdruck zu kämpfen. Morgens steht sie als ohne Kraft auf und braucht erst eine Weile, um sich für den Tag zu sammeln. - Allen Grund zu entscheiden nicht in einem Land wie Haiti leben zu können/wollen. Sie möchte Frauen beibringen Dinge herzustellen, die sie verkaufen können, damit sie ein eigenes Einkommen erwirtschaften können.
Emory ist ein unermüdlicher Geist, herzlich und vernetzend. Ein typischer Pionier. Er hat eine großartige Arbeit im Gonaiver Slum angestoßen, die inzwischen vergleichbar wie die Lebensmission gewachsen ist. Er selbst verliert darüber nie ein Wort. Gott gebraucht Werkzeuge wie ihn und ich bin gespannt was in Port Salut ins Rollen kommt.
"Bei meinem ersten Besuch in Haiti, verlor ich etwas von mir hier in diesem Land.
So musste ich wiederkommen dieses Teil von mir hier zu suchen. Here I am."
Tja, geht es uns nicht auch so?
Dankbar für dieses schönes Wochende und die inspirierende Freundschaft!
Die Straßen sind relativ gut, neue Eisenbrücken wurden gebaut. 8 Stunden Fahrt - fast so lange wie ein Flug nach Paris, aber bessere Gespräche ohne lauschende Kinderohren :-). Der Süden ist schön grün - es tut meiner Seele gut aus unserem staubigen Goniaves zu entfliehen. Regen, Regen und nochals Regen begleitete uns. Lange Jeans, bunter Sommerschal und dünnes Langarm durften endlich mal wieder zum Einsatz kommen.
Emory nahm uns mit durch Flüsse hindurch, hoch hinauf auf matschigen Wegen den Berg empor. Auf ein Neues wieder mal erstaunlich zu erleben, was ein Auto alles leisten kann.
Erschreckend immer noch so viele Palmen auf den Äckern liegen zu sehen. Wohl die Hälfte der Bauernhäuser sind ein Jahr nach dem Hurrikan immer noch nicht neu gedeckt.
Eine Kinderklinik und mehrere Schulen funktionieren sehr gut und wurden wohl rasch nach der Kathastrophe restauriert. An den Klippen sieht man Häuser, die halb den Felsen hinunterbrechen - es wohnen bis heute Familien darin. Tiere grasen im Regen. Ich wundere mich, denn in Gonaives dürfen die Ziegen vor dem Haus Unterschlupf suchen, doch bei den strohgedeckten Lehmhütten gibt es keine Galerie, also auch keinen zusätzlichen Unterschlupf für Tiere wie Ziegen, Schafe oder Kühe.
Überwältigt von der wunderschönen Natur. Wasserfall mitten in der Landschaft. Ein fröhlich sprudelnder Fluss, eingebettet in einen Berghang. Karibisch schönes Meer mit Sandstrand. Romantische Fischerboote. Am anderen Strand liegen noch Palmen am Boden.
Abends treffen wir uns mit dem leitenden Arzt der Klinik. Sehr sympathisch. Er sei in einem Dorf vor Port Salut großgeworden, habe in der Hauptstadt Port-au-Prince studiert und dann in Kuba seinen medizinischen Abschluss gemacht. Er kam zurück, um in seiner Heimat zu wirken. So viele haben keinen Zugang zu guter medizinischer Versorgung. Seine Frau ist in Miami, wo sie ihr zweites Kind im Januar entbinden wird. Er spricht fließend Englisch, Französisch, Portugiesisch und Spanisch. Er hat die Wahl und manchmal sei er entmutigt und sehne sich nach anderen Wohnorten. Doch bis zum heutigen Tag sei sein Platz hier in Port Salut, sagt er lächelnd.
Marie ist Diabetikerin und hat zudem mit Bluthochdruck zu kämpfen. Morgens steht sie als ohne Kraft auf und braucht erst eine Weile, um sich für den Tag zu sammeln. - Allen Grund zu entscheiden nicht in einem Land wie Haiti leben zu können/wollen. Sie möchte Frauen beibringen Dinge herzustellen, die sie verkaufen können, damit sie ein eigenes Einkommen erwirtschaften können.
Emory ist ein unermüdlicher Geist, herzlich und vernetzend. Ein typischer Pionier. Er hat eine großartige Arbeit im Gonaiver Slum angestoßen, die inzwischen vergleichbar wie die Lebensmission gewachsen ist. Er selbst verliert darüber nie ein Wort. Gott gebraucht Werkzeuge wie ihn und ich bin gespannt was in Port Salut ins Rollen kommt.
"Bei meinem ersten Besuch in Haiti, verlor ich etwas von mir hier in diesem Land.
So musste ich wiederkommen dieses Teil von mir hier zu suchen. Here I am."
Tja, geht es uns nicht auch so?
Dankbar für dieses schönes Wochende und die inspirierende Freundschaft!
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Emory gibt Wellblech an Familien, die bereits die Holzunterkonsruktion aus eigenen Mitteln erstellt haben |
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Donnerstag, 9. November 2017
ein Tag auf der Notfallstation in Mirbalais
5:00 morgens ging es los, um 9:00 kamen wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ein offener PickUp mit Holzbrett als Sitzbank) im Krankenhaus in Mirbalais an. Eine 17 jährige hat Verdacht auf ein Tumorgeschwür im Hals, das ihr auf den Zungennerv und die Stimmbänder drückt. Ein mir bekannter Arzt arbeitet auf der Notfallstation und versprach mir einen Temrin mit Neurologen, um abzuklären ob es auch einen Gehirnscan braucht oder "nur" einen Hals-Scan.
Welch ein Tag.
Draußen schon aufregende Gespräche, es gab einen Todesfall.
Drinnen liegt ein 7 monatiges wunderhübsches Mädchen in den Armen ihrer blutjungen Mutter; der komplette Rücken verbrannt. Sie wartet auf die Anästhesie um die Hautverklebungen zu säubern.
daneben eine ältere Frau am Tropf, Cholera.
Andere Patienten sind an allerlei Schläuche angeschlossen, Ärzte sind hinterm Vorhang zu gange.
Ein verstorbener Patient wird in ein weißes Leintuch gewickelt und durch den gang an uns vorbei geschoben. Es sei der Dritte heute.
Die Neurologen konsultieren und verordnen die teuren Scans. Einem Unfallopfer mit vermuteter Schädelfraktur wird ein solcher Zugang zu dem kostbaren Apparat zugesagt.
Drei Neurologen kommen und nehmen sich viel Zeit für professionelle Untersuchungen. Mein Mädchen kann nicht alle Übungen ausführen, so kann sie nicht ihre Stirn runzeln, die Augen nicht komplett schließen und ihre Kopfdrehung nicht kontrollieren. Alle anderen Übungen kann sie ausführen, wenn auch nur schwach.
Wir müssen warten, die Neurologen besprechen sich.
In der Zwischenzeit wird ein knapp 10 jähriges Mädchen an den Armen haltend hereingetragen. Bei einem Motorrdunfall schleifte ihr Bein über den Asphalt, das Fleisch ist abgetragen. Sie schreit fürchterlich.
Wir dürfen raus etwas essen. Bin froh diesen Bildern und dem Geruch für eine Weile zu entfliehen.
Mein Mädchen kann nicht richtig kauen, da sie die Zunge und den Unterkiefer nicht gut bewegen kann. Mit den Fingern schiebt sie die Nahrung in die richtige Kauposition. Vor Anderen isst sie schon lange nicht mehr, weil sie sich schämt so gesehen zu werden. Nach 10 Minuten ist sie erschöpft und packt den Rest Reis mit Gemüse ein für später.
Während wir auf die neurologische Diagnose warten beobachte ich den Klinikablauf in einem Wartesaal. Bewundernswert. Die gesamte Klinik wird vom Ausland finanziert. Medikamente werden kostenlos abgegeben, hochqualifizierte Ärzte angestellt. Überall arbeiten auch Ausländer, die haitianisches Personal anleiten. Es ist auf allen Gängen sauber. Eines ist auf den ersten Blick schnell zu erkennen: viel zu viele Patienten. Manche übernachten 3-4 Tage, um einen Arzt zu konsultieren, Labortest zu machen, die Auswertung zu erhalten und Medikamente abzuholen.
Zurück bei den Neurologen. Gute Nachricht: ihrer Meinung nach seien keinerlei neurologische Auffälligkeiten zu finden. Also kein Gehirnscan. Schlechte Nachricht: sie sind Spezialisiert auf neurologie und können mir für HNO keinen Scan im Hals authorisieren. Der HNO arbeitet nur an zwei Tagen in der Klinik und ist heute nicht da.
Wir bedanken uns herzlich bei unserem Arzt in der Notfallstation, er wird uns einen HNO Termin telefonisch mitteilen - aber es wird dauern, vielleicht Mitte Dezember, sagt er.
Als wir rausgehen trägt ein Vater seinen wimmernden Sohn herein mit völlig verdrehtem Bandagiertem Arm.
Hut ab, was diese Ärzte leisten! In einem Land mit medizinischem Notstand. Wir sind nicht die Einzigen, die diesen weiten Weg auf uns nehmen. Es gibt nur noch in der Hauptstadt einen Scan für CT Aufnahmen. 600 USD für eine Aufnahme.
Als wir heimfahren, steigt eine Frau mit ihrem Vater ein, die auch schon früh morgens mit uns gefahren ist. Der Mann hat Diabetis und muss einen Zeh amputiert bekommen. Es gibt Diskussionen über das Fahrgeld und er lacht und sagt: "Was? für 200 gds fahre ich nicht mit, da laufe ich lieber nach Gonaives." Er einigt sich mit dem Fahrer auf 150gds und steigt ein. Der Fahrtwind schmerzt ihn so sehr am Fuß, dass er für 50 gds mehr Geld schließlich doch vorne in der Fahrerkabine einsteigt.
Wir kommen hundemüde daheim an. Mit einem unbeschreiblich dankbarem Herzen gesund zu sein!
Für meine Patientin gab es also noch keine konkrete Lösung, aber eine fachliche Info, dass im Gehirn wohl alles ok sei. Immerhin. Nun bleiben wir dran um einen Termin beim HNO zu erhalten und ein CT im Hals machen zu können. - Bitte nicht mehr auf der Notfallstation- fleht meine Seele.
Hut ab, was diese Ärzte tagtäglich leisten! In einer Ruhe, Freundlichkeit, sicheren Handgriffen. Im Kampf gegen die überflutende Not. Jedem Einzelnen, dem geholfen werden kann ist tatsächlich geholfen. Und wenn es nur schmerzlinderndes Sterben ist oder ein gutes Wort bei einer unheilbaren Krankheit.
Die Bilder von den Kindern werde ich so schnell nicht mehr vergessen.
Jeder Kochtopf auf den kniehohen Holzkohleofen wird an die hübsche Maus erinnern.
Und das 5 monatige alte Kind mit Syphillis im Unterarm. Eieiei.
Ich sehne mich nach heile Welt. - auch wenn ich Deine mit diesem Erlebnisbericht vielleicht angekratzt habe.
Daheim kochten wir ein deutsches Rahmsößchen mit Nudeln und machten bunte Kerzen an. Sich in die Bettdecke kuscheln, mit allen heilen Knochen - in dem Wissen, dass eines Tages alles Leid auf Erden ein Ende haben wird.
Welch ein Tag.
Draußen schon aufregende Gespräche, es gab einen Todesfall.
Drinnen liegt ein 7 monatiges wunderhübsches Mädchen in den Armen ihrer blutjungen Mutter; der komplette Rücken verbrannt. Sie wartet auf die Anästhesie um die Hautverklebungen zu säubern.
daneben eine ältere Frau am Tropf, Cholera.
Andere Patienten sind an allerlei Schläuche angeschlossen, Ärzte sind hinterm Vorhang zu gange.
Ein verstorbener Patient wird in ein weißes Leintuch gewickelt und durch den gang an uns vorbei geschoben. Es sei der Dritte heute.
Die Neurologen konsultieren und verordnen die teuren Scans. Einem Unfallopfer mit vermuteter Schädelfraktur wird ein solcher Zugang zu dem kostbaren Apparat zugesagt.
Drei Neurologen kommen und nehmen sich viel Zeit für professionelle Untersuchungen. Mein Mädchen kann nicht alle Übungen ausführen, so kann sie nicht ihre Stirn runzeln, die Augen nicht komplett schließen und ihre Kopfdrehung nicht kontrollieren. Alle anderen Übungen kann sie ausführen, wenn auch nur schwach.
Wir müssen warten, die Neurologen besprechen sich.
In der Zwischenzeit wird ein knapp 10 jähriges Mädchen an den Armen haltend hereingetragen. Bei einem Motorrdunfall schleifte ihr Bein über den Asphalt, das Fleisch ist abgetragen. Sie schreit fürchterlich.
Wir dürfen raus etwas essen. Bin froh diesen Bildern und dem Geruch für eine Weile zu entfliehen.
Mein Mädchen kann nicht richtig kauen, da sie die Zunge und den Unterkiefer nicht gut bewegen kann. Mit den Fingern schiebt sie die Nahrung in die richtige Kauposition. Vor Anderen isst sie schon lange nicht mehr, weil sie sich schämt so gesehen zu werden. Nach 10 Minuten ist sie erschöpft und packt den Rest Reis mit Gemüse ein für später.
Während wir auf die neurologische Diagnose warten beobachte ich den Klinikablauf in einem Wartesaal. Bewundernswert. Die gesamte Klinik wird vom Ausland finanziert. Medikamente werden kostenlos abgegeben, hochqualifizierte Ärzte angestellt. Überall arbeiten auch Ausländer, die haitianisches Personal anleiten. Es ist auf allen Gängen sauber. Eines ist auf den ersten Blick schnell zu erkennen: viel zu viele Patienten. Manche übernachten 3-4 Tage, um einen Arzt zu konsultieren, Labortest zu machen, die Auswertung zu erhalten und Medikamente abzuholen.
Zurück bei den Neurologen. Gute Nachricht: ihrer Meinung nach seien keinerlei neurologische Auffälligkeiten zu finden. Also kein Gehirnscan. Schlechte Nachricht: sie sind Spezialisiert auf neurologie und können mir für HNO keinen Scan im Hals authorisieren. Der HNO arbeitet nur an zwei Tagen in der Klinik und ist heute nicht da.
Wir bedanken uns herzlich bei unserem Arzt in der Notfallstation, er wird uns einen HNO Termin telefonisch mitteilen - aber es wird dauern, vielleicht Mitte Dezember, sagt er.
Als wir rausgehen trägt ein Vater seinen wimmernden Sohn herein mit völlig verdrehtem Bandagiertem Arm.
Hut ab, was diese Ärzte leisten! In einem Land mit medizinischem Notstand. Wir sind nicht die Einzigen, die diesen weiten Weg auf uns nehmen. Es gibt nur noch in der Hauptstadt einen Scan für CT Aufnahmen. 600 USD für eine Aufnahme.
Als wir heimfahren, steigt eine Frau mit ihrem Vater ein, die auch schon früh morgens mit uns gefahren ist. Der Mann hat Diabetis und muss einen Zeh amputiert bekommen. Es gibt Diskussionen über das Fahrgeld und er lacht und sagt: "Was? für 200 gds fahre ich nicht mit, da laufe ich lieber nach Gonaives." Er einigt sich mit dem Fahrer auf 150gds und steigt ein. Der Fahrtwind schmerzt ihn so sehr am Fuß, dass er für 50 gds mehr Geld schließlich doch vorne in der Fahrerkabine einsteigt.
Wir kommen hundemüde daheim an. Mit einem unbeschreiblich dankbarem Herzen gesund zu sein!
Für meine Patientin gab es also noch keine konkrete Lösung, aber eine fachliche Info, dass im Gehirn wohl alles ok sei. Immerhin. Nun bleiben wir dran um einen Termin beim HNO zu erhalten und ein CT im Hals machen zu können. - Bitte nicht mehr auf der Notfallstation- fleht meine Seele.
Hut ab, was diese Ärzte tagtäglich leisten! In einer Ruhe, Freundlichkeit, sicheren Handgriffen. Im Kampf gegen die überflutende Not. Jedem Einzelnen, dem geholfen werden kann ist tatsächlich geholfen. Und wenn es nur schmerzlinderndes Sterben ist oder ein gutes Wort bei einer unheilbaren Krankheit.
Die Bilder von den Kindern werde ich so schnell nicht mehr vergessen.
Jeder Kochtopf auf den kniehohen Holzkohleofen wird an die hübsche Maus erinnern.
Und das 5 monatige alte Kind mit Syphillis im Unterarm. Eieiei.
Ich sehne mich nach heile Welt. - auch wenn ich Deine mit diesem Erlebnisbericht vielleicht angekratzt habe.
Daheim kochten wir ein deutsches Rahmsößchen mit Nudeln und machten bunte Kerzen an. Sich in die Bettdecke kuscheln, mit allen heilen Knochen - in dem Wissen, dass eines Tages alles Leid auf Erden ein Ende haben wird.
Sonntag, 29. Oktober 2017
Inspektionsreise
Jedes Jahr reist der Vorstandsvorsitzende
Karlheinz Wittmer mit einer weiteren Person nach Haiti, um sich von der
Entwicklung der vielen Projekte
persönlich zu überzeugen und Präsenz zu zeigen. Diesmal begleitet ihn
Sabine Stein als Mitarbeiterin des deutschen Büros.
Der Zeitplan für die 14 Tage ist straff. Es gibt Einiges zu besprechen, Kassen zu kontrollieren, persönliche Kontakte zu vertiefen und neue Netzwerke zu knüpfen.
Wir sind froh über diese gemeinsame fruchtbare Zeit
Der Zeitplan für die 14 Tage ist straff. Es gibt Einiges zu besprechen, Kassen zu kontrollieren, persönliche Kontakte zu vertiefen und neue Netzwerke zu knüpfen.
Wir sind froh über diese gemeinsame fruchtbare Zeit
Samstag, 21. Oktober 2017
Hausfertigstellung mit Latrine und Wasserschlacht :-) für Familie Meme
Alle Arbeiter sind erleichtert: nicht wieder da hoch auf den Berg. Unsere Autos und Reifen höre ich ebenso durchschnaufen.
Das Haus für Familie Meme ist mit Latrine und Duschkammer fertig. Die zurückgelassene volle Wassertonne animiert zu einer Wasserschlacht mit den Nachbarkids: es tut mir in der Seele gut alle so fröhlich albern zu sehen.
Dadie sagt: Die Nachbarn sind natürlich etwas neidisch, aber sie haben Achtung vor uns, seitdem wir damals ohne Bedachung dort übernachtet haben und keine Angst davor hatten, dass uns böse Geister nachts holen. Jetzt sagen sie, unser Gott habe uns wohl tatsächlich versorgt."
Welch ein Geschenk der Paten und Spender!
Das Haus für Familie Meme ist mit Latrine und Duschkammer fertig. Die zurückgelassene volle Wassertonne animiert zu einer Wasserschlacht mit den Nachbarkids: es tut mir in der Seele gut alle so fröhlich albern zu sehen.
Dadie sagt: Die Nachbarn sind natürlich etwas neidisch, aber sie haben Achtung vor uns, seitdem wir damals ohne Bedachung dort übernachtet haben und keine Angst davor hatten, dass uns böse Geister nachts holen. Jetzt sagen sie, unser Gott habe uns wohl tatsächlich versorgt."
Welch ein Geschenk der Paten und Spender!
Dadie Meme und Sherlie Ade. |
Freitag, 13. Oktober 2017
Frauen - wie Du und ich
Lebensgeschichten, die mir diese Woche unter die Haut gehen...
Eine 1,85m große dürre Frau steht vor mir und erzählt von ihrem Leben. Durch welche schrecklichen Umstände sie ihr Haus verloren hat, wie ihre erste Tochter geboren wurde, seit wann ihr Mann krank ist und nicht mehr arbeiten kann, inwiefern ein Nachbar die Familie unter Druck setzt und bedroht, ... und währenddessen legt sie ihren jüngsten Sohn an ihre schlaffe Brust, der nicht wirklich etwas daraus ziehen kann und gleich wieder anfängt zu weinen. Wir stehen vor ihrer Blechhütte und sie berichtet stolz, dass sie ein "Fundament" gelegt hätten. Ich versuche zu begreifen, dass diese 3 Steine die als Umrahndung genutzt wurden und der geebnete Staubboden dieses "Fundament" darstellen. Man wagt sich nicht zu fragen, wann sie das letzte Mal etwas gegessen haben. Und doch wirkt sie mutig, mit ihrem aufrechten Gang mit den Kindern an der Hand.
Eine kleinere gebückte Frau sitzt bei mir im Büro. Ihr rechtes Auge ist offensichtlich blind - nein, sie sei so nicht geboren. Ich vermute sie war in ihrer Jugend eine Schönheit. 36 Jahre sei sie nun. Sie hat AIDS, ihr Körper ist übersäht von Entzündungen und sie wirkt schwach. Sie erzählt von ihren 5 Kindern, alle haben einen anderen Vater. Der Erste hat sich nicht gekümmert, und so versuchte sie neue männliche Versorgung für sich und ihr Kind zu sichern - und wurde wieder schwanger. 5 Mal lief das so, sie guckt mich an: "w konnen", was soviel bedeutet wie, "Du weißt schon". Die Schule konnte sie nicht beenden, für eine Ausbildung gab es nie Geld. Der Vater ist früh gestorben, ihre Mutter wurde als Fußgängerin von einem Motorrad erfasst und derart am Kopf verletzt, dass sie seitdem nur noch stumm und teilnahmslos auf einem Stuhl sitze. Sie habe aber auch Hilfe erlebt: Für ihren mittleren Sohn habe ein Onkel bisher die Schule bezahlt und darauf geachtet dass er eine gute Schule besuche. In die 8.Klasse gehe er nun. Aber im September hatte dieser Onkel einen Schlaganfall und sie kann diese hohen Schulgebühren nicht zahlen. Als die Jahresmiete fällig wurde, musste sie aus dem einen Zimmer raus. So zog sie wieder bei ihrer Mutter ein- zu ihren beiden Schwestern mit Familie. Eine der Schwestern behandele sie wie eine Bazille und beschimpft sie böse. Sie habe wohl Angst sich anzustecken. Während sie erzählt bemerke ich die verkrüppelte linke Hand. Sie hebt den Arm: Das war eine Verbrennung. Die Fingerkuppen sind nicht mehr vorhanden, 3 Finger sind verklebt, doch ein Loch in der Mitte macht es ihr unmöglich per Hand zu waschen, da sich das Wasser darin sammelt und die umliegende Haut entzündet. Ich frage nach dem Vater des jüngsten Sohnes. Er sei bei einem Unfall gestorben. Erst nach mehrerem Nachfragen blickt sie zu Boden und sagt, er habe als Lastenträger auf einem LKW gearbeitet. Diese sitzen beim Transport oben auf der Ladung auf dem Wagen. Ein Stromkabel habe ihn getroffen und er sei brennend den Felshang hinuntergestürzt. Die Leiche konnte nicht geborgen werden. Zwei Wochen später gebar sie ihren jüngsten Sohn.
... "Du weißt schon" mit einem Schulternzucken und einem Blick unter Frauen geht mir unter die Haut.
Was bitte weiß ich schon von solch einer Not?
Wer bin ich, dass ich verschont bleibe von solchen Schicksalsschlägen? Über was beklage ich mich?
Was habe ich dafür getan mitten in Europa geboren worden zu sein, mit voller Mutterbrust gestillt zu haben, einen liebenden Versorger an meiner Seite zu wissen und in eine hoffnungsvolle Lebensperspektive zu blicken?
Ein Habitat-Haus oder eine Patenschaft - es bleibt ein Tropfen.
Diesen beiden Frauen können wir diesen Tropfen anbieten.
Auf dem Weg über den Markt schweift mein Blick über all diese Frauen. Mit oder ohne Hut, missmutig oder fröhlich. Was wäre, wenn mir jede Einzelne ihr Leben erzählen würde?
Ein Foto würde der Geschichte ein Gesicht geben. Eines ist zu wenig! Lasst uns diese Gesichter finden - auf dem Markt, im Bus, am Straßenrand,... es sind so viele.
Von Frau zu Frau.
Eine 1,85m große dürre Frau steht vor mir und erzählt von ihrem Leben. Durch welche schrecklichen Umstände sie ihr Haus verloren hat, wie ihre erste Tochter geboren wurde, seit wann ihr Mann krank ist und nicht mehr arbeiten kann, inwiefern ein Nachbar die Familie unter Druck setzt und bedroht, ... und währenddessen legt sie ihren jüngsten Sohn an ihre schlaffe Brust, der nicht wirklich etwas daraus ziehen kann und gleich wieder anfängt zu weinen. Wir stehen vor ihrer Blechhütte und sie berichtet stolz, dass sie ein "Fundament" gelegt hätten. Ich versuche zu begreifen, dass diese 3 Steine die als Umrahndung genutzt wurden und der geebnete Staubboden dieses "Fundament" darstellen. Man wagt sich nicht zu fragen, wann sie das letzte Mal etwas gegessen haben. Und doch wirkt sie mutig, mit ihrem aufrechten Gang mit den Kindern an der Hand.
Eine kleinere gebückte Frau sitzt bei mir im Büro. Ihr rechtes Auge ist offensichtlich blind - nein, sie sei so nicht geboren. Ich vermute sie war in ihrer Jugend eine Schönheit. 36 Jahre sei sie nun. Sie hat AIDS, ihr Körper ist übersäht von Entzündungen und sie wirkt schwach. Sie erzählt von ihren 5 Kindern, alle haben einen anderen Vater. Der Erste hat sich nicht gekümmert, und so versuchte sie neue männliche Versorgung für sich und ihr Kind zu sichern - und wurde wieder schwanger. 5 Mal lief das so, sie guckt mich an: "w konnen", was soviel bedeutet wie, "Du weißt schon". Die Schule konnte sie nicht beenden, für eine Ausbildung gab es nie Geld. Der Vater ist früh gestorben, ihre Mutter wurde als Fußgängerin von einem Motorrad erfasst und derart am Kopf verletzt, dass sie seitdem nur noch stumm und teilnahmslos auf einem Stuhl sitze. Sie habe aber auch Hilfe erlebt: Für ihren mittleren Sohn habe ein Onkel bisher die Schule bezahlt und darauf geachtet dass er eine gute Schule besuche. In die 8.Klasse gehe er nun. Aber im September hatte dieser Onkel einen Schlaganfall und sie kann diese hohen Schulgebühren nicht zahlen. Als die Jahresmiete fällig wurde, musste sie aus dem einen Zimmer raus. So zog sie wieder bei ihrer Mutter ein- zu ihren beiden Schwestern mit Familie. Eine der Schwestern behandele sie wie eine Bazille und beschimpft sie böse. Sie habe wohl Angst sich anzustecken. Während sie erzählt bemerke ich die verkrüppelte linke Hand. Sie hebt den Arm: Das war eine Verbrennung. Die Fingerkuppen sind nicht mehr vorhanden, 3 Finger sind verklebt, doch ein Loch in der Mitte macht es ihr unmöglich per Hand zu waschen, da sich das Wasser darin sammelt und die umliegende Haut entzündet. Ich frage nach dem Vater des jüngsten Sohnes. Er sei bei einem Unfall gestorben. Erst nach mehrerem Nachfragen blickt sie zu Boden und sagt, er habe als Lastenträger auf einem LKW gearbeitet. Diese sitzen beim Transport oben auf der Ladung auf dem Wagen. Ein Stromkabel habe ihn getroffen und er sei brennend den Felshang hinuntergestürzt. Die Leiche konnte nicht geborgen werden. Zwei Wochen später gebar sie ihren jüngsten Sohn.
... "Du weißt schon" mit einem Schulternzucken und einem Blick unter Frauen geht mir unter die Haut.
Was bitte weiß ich schon von solch einer Not?
Wer bin ich, dass ich verschont bleibe von solchen Schicksalsschlägen? Über was beklage ich mich?
Was habe ich dafür getan mitten in Europa geboren worden zu sein, mit voller Mutterbrust gestillt zu haben, einen liebenden Versorger an meiner Seite zu wissen und in eine hoffnungsvolle Lebensperspektive zu blicken?
Ein Habitat-Haus oder eine Patenschaft - es bleibt ein Tropfen.
Diesen beiden Frauen können wir diesen Tropfen anbieten.
Auf dem Weg über den Markt schweift mein Blick über all diese Frauen. Mit oder ohne Hut, missmutig oder fröhlich. Was wäre, wenn mir jede Einzelne ihr Leben erzählen würde?
Ein Foto würde der Geschichte ein Gesicht geben. Eines ist zu wenig! Lasst uns diese Gesichter finden - auf dem Markt, im Bus, am Straßenrand,... es sind so viele.
Von Frau zu Frau.
Donnerstag, 5. Oktober 2017
Lokation für die Blockherstellung
Freitag, 29. September 2017
Dienstag, 26. September 2017
Dankeschön an alle Dorelus Spender
Ihr Lieben,
diesmal habt Ihr eine ganze Weile geduldig auf unseren
Bericht über dieses Spendenhaus gewartet. Wir Wittmers waren Juli bis Anfang September in Deutschland,
so dass ich jetzt erst dazu komme, Euch zu schreiben.
Im März hatten wir Euch die Situation der Familie Dorelus
geschildert und bis Ende April kamen tatsächlich verschiedene Spenden
beisammen. Ein inniges Dankeschön an
alle, die sich an diesem Projekt beteiligt haben! Nur so konnten wir Mitte
April mit dem Bau beginnen. Das Fundament war rasch aufgebessert, die Maurer
zogen in wenigen Wochen das Haus hoch. Unsere Bauschreiner waren zu dieser Zeit
in Pont Sondé auf einer anderen Baustelle beschäftigt, so dass nicht sogleich
das Dach gefertigt werden konnte.
Hier erhaltet Ihr beispielsweise Einblick in die
Hintergründe, wie Habitat-HT so günstig Spendenhäuser bauen kann: Während die
Schreiner bei einer lukrativen Baustelle der haitianischen Firma
HHT-engineering tätig sind, erhalten sie ganz normal dort ihren
projektbezogenen Lohn. Wenn sie nun zeitgleich oder in einer kleinen Pause für Habitat-HT
am Spendenhaus arbeiten, kann der Monatslohn der Arbeiter noch weiterhin von
dem lukrativen Projekt finanziert werden. So verzögern sich die Sozialprojekte öfters,
da die rentablen Projekte Vorrang haben und zeitlich einem Abgabedatum
unterliegen. Zugleich bleibt der Aufwand für ein Spendenhaus aber in einem
finanziell geringeren Rahmen. Nur so können wir für nur 4.000 EUR ein
qualitatives 3-Zimmerhaus verschenken und unseren Arbeitern dennoch einen
angemessenen Lohn zahlen.
Natürlich wäre es wünschenswert gewesen, dass die Familie
Dorelus so schnell wie möglich in ihr neues Zuhause ziehen kann. Haiti lehrt
mich Geduld. Viele Menschen leben seit (zu) langer Zeit bereits in schwierigen
Verhältnissen und mit einer konkreten Zuversicht bleibt es noch ein Weilchen länger
scheinbar recht gut aushaltbar. Man arrangiert sich mit den Gegebenheiten, die
uns Europäer nach kurzer Zeit zum Verzweifeln bringen würden. Hoffnung ist das
Wichtigste, was den Menschen in der Saga um die Pandora-Kiste geschenkt wird.
In Haiti gibt es ein Sprichwort, das besagt: „So lange Dein Kopf noch dran ist,
gibt es Hoffnung, eines Tages wieder einen Hut zu tragen“. Ein statisch
einwandfreies Haus besteht schließlich über mehrere Generationen hinweg und ist
ein Grund zur festen Zuversicht. Dafür brachte Familie Dorelus Geduld auf und
bringt uns bis heute unbeschreiblich viel Dankbarkeit entgegen. Ende Juni war
es dann soweit: Alle 18 Personen zogen fröhlich singend in ihr neues Haus ein.
Oma Celianise strahlt seit Baubeginn wie ein Honigkuchenpferd und wiederholt
immer wieder, wie gesegnet sie sei, dass sie dies noch erleben darf.
Diesen Dank reiche ich gerne an Euch weiter!
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